"Die Steckdose für das induktive Laden"  -  Offener herstellerunabhängiger Standard WiPT-Symbol


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DE / EN 23.10.2017     - 7 -

Sicherheitsaspekte

Die in diesem Abschnitt dargestellten Analysen zu den Sicherheitsaspekten für den Betrieb der kontaktlosen Energieübertragung im öffentlichen Raum beziehen sich  auf das interoperable stationäre Versorgungsgerät ("Ladeplatte") und den im Feldversuch betriebenen operativen Abnehmer für das Cetos Fahrzeug mit Doppelflachwicklung. Dieser operative Abnehmer ist als großflächige Lösung realisiert um die Flussdichten im Luftspalt auf ein Minnimum zu reduzieren. Damit sind die hier dargestellten Eigenschaften des Gesamtsystems aus interoperabler Quelle und großflächigem Abnehmer auch nur für diese Art von Abnehmer gültig.

Die im folgenden dargestellten Eigenschaften zeigen, dass mit einem großflächigen Abnehmer eine eigensichere kontaktlose Energieübertragung ohne inakzeptable Gefährdungen möglich ist. In der Sicherheitstechnik ist es ein Grundprinzip Systeme eigensicher zu konstruieren, woimmer dies möglich ist. Am sichersten ist eine technische Einrichtungen, wenn Gefährdungen gar nicht erst vorhanden sind. Weiterhin vereinfacht sich dadurch das Gerät und gewinnt an Robustheit und Verfügbarkeit. Kompakte sekundäre Abnehmer weisen ein anderes Verhalten auf, so dass Hersteller dieser Art von Abnehmern ggf. nicht eigensicher sind und eine aktive Sensorik zur Unterbrechung oder Reduzierung der Übertragungsleistung im Falle von Einflüssen durch die Umgebung angewiesen sind.

Eine Gefährdungsanalyse für ein technisches System ist äußerst umfangreich und kann in dieser Darstellung nicht komplett beschrieben werden. Die Darstellung beschränkt sich daher auf die potentiellen Gefahrenszenarien, welche sich speziell durch das magnetische Feld im Luftspalt zwischen den Feldplatten ergeben. Andere Aspekte der Gefährdungsanalyse wie z.B. die Rutschfestigkeit der Oberfläche gegen Unfallrisiken werden hier nicht eingehend beschrieben.

Erwärmung metallischer Körper

Die Technologie der kontaktlosen Energieübertragung ist der Technologie induktiver Kochplatten sehr ähnlich. Anders als bei einem Kochtopf, bei dem die Energie der induktiven Kochplatte vollständig als Wärmeenergie genutzt wird, nimmt der induktive Abnehmer für die kontaktlose Energieübertragung die Energie im Wesentlichen als elektrische Energie ab. Abgesehen von elektrischen Verlusten entsteht daher in der sekundären Feldplatte des Abnehmers auch keine Wärme. Die Verlustwärme der elektischen Verluste kann bei großflächigen Anordungen problemlos abgeführt werden, so dass die Feldplatte kalt bleibt. Bei sehr kompakten mechanischen Anordngung verhält sich das jedoch durchas anders, da sich die Verluste auf ein kleines Volumen konzentrieren und wenig Oberfläche zur Kühlung verbleibt.
Trotzdem ist es natürlich zu erwarten, dass sich metallische Fremdkörper, welche sich im Luftspalt befinden, ähnlich einem Kochtopf durch das magnetische Feld erwärmen. Würde ein Mensch diesen Fremdkörper unter dem Fahrzeug hervorholen wollen, so könnte er sich verletzten, sollte der Fremdköper zu heiß werden.
Mit Hilfe von drei bedeutenden Konstruktionsmerkmalen wird eine Erhitung von metallischen Fremdkörpern vermieden.
  • Die Übertragungsleistung einer Herdplatte ist mit der einer kontaktlosen Energieübertragung aus dem einphasigen Wechselstromnetz durchaus vergleichbar. Anders als eine Herdplatte wird die Leistung der Ladeplatte jedoch auf eine in etwa zehn mal so große Fläche verteilt. Damit erreicht einem Fremdkörper von der Größe eines Topfes auch nur ein zehntel der Energie, was eine entsprechend geringere Erwärmung zur Folge hat. (Diese rein qualitative Angabe setzt voraus, dass die Ladeplatte wie eine Kochplatte konstruiert ist. Die folgenden Merkmale zeigen, dass dies nicht der Fall ist, also eine noch sehr viel geringere Leistung einen Fremdkörper erreicht.)
  • Magnetische Wechselfelder haben die Eigenschaft, dass sie in metallische Körper nicht komplett eindringen. Ein Wärmeeintrag findet nur in einer "Hülle" des Körpers statt. Je dicher die Hülle ist, d.h. je weiter das magnetische Feld in den Körper eindringt, desto mehr Wärme entsteht. Diese Eindringtiefe ist vom Material abhängig und von der Frequenz des magnetischen Feldes. Das ist der Grund, warum nicht alle Töpfe für Induktionskochfelder geeignet sind. Die Wahl einer gegenüber Induktionsherden höheren  Betriebsfrequenz  (in etwa dreifach höher, vgl. [01-0_Induktion-Bericht_komplett_V36_120126_Korrigendum[1]] ) wird die magnetische Eindringtiefe und damit die in Fremdkörpern entstehende Verlustwärme weiter reduziert.
  • Die in einem Fremdkörper entstehende magnetische Flussdichte hängt auch davon ab, ob das Material (ferro-)magnetisch ist. Es ist jedoch nicht nur das Material des Fremdkörpers relevant, sondern auch das Material der Feldplatte. Auch hier führt ein magnetisches Material  zu höheren Flussdichten im Fremdkörper und damit zu einer stärkeren Erwärmung. Dies gilt um so mehr, je näher das magnetische Material in der Nähe des Fremdkörpers ist. Das magnetische Material der Feldplatte ist daher bewusst relativ tief unter der Oberfläche angeordnet, so dass eine vergleichsweise große Entfernung zu Fremdkörpern entsteht. Das reduziert den dortigen Wärmebeitrag ebenfalls beträchtlich.
Alles in allem führen diese Maßnahmen dazu, dass sich alltagsübliche Gegenstände praktisch nicht erwärmen. Lediglich bei Eisenmaterialien kann eine Erwärmung festgestellt werden, die jedoch ausreichend gering bleibt, dass z.B. Blechdosen problemlos während der Energieübertragung aus dem  Bereich zwischen den Feldplatten unter dem Fahrzeug hervorgeholt werden können.
  
Sogar technische Geräte wie Handys wurden bei den Experimenten nicht beschädigt, wenn diese zwischen den Feldplatten gelegen haben.

Entzündungsrisiko

Eine Besonderheit bei der Erhitzung metallischer Fremdkörper stellen metallisch beschichtete Papiere dar. Diese werden beispielsweise bei Getränkeverpackungen häufig eingesetzt. Aufgrund der dünnen Metallschicht treten hier im magnetischen Feld sehr hohe Temperaturen in der Metallschicht auf. Trotzdem ist keine Gefahr einer Verbrennung von Fingern oder Händen vorhanden, da die thermische Kapazität dieser Metallschicht so gering ist, dass die Temperatur bei Berührung lokal paraktisch sofort auf Körpertemperatur absinkt und damit ungefährlich ist.
Kritisch kann in diesem Fall die Selbstentzündung des metallbeschichteten Materials sein. Die oben bereits beschriebenen konstruktiven Eigenschaften der Ladeplatte müssen daher ausreichend sein, dass es bei metallbeschichtetem Material nicht zu einer offenen Flammenbildung kommt, die weitere Materialien in der Umgebung entzünden könnte.
Diese Fragestellung wurde bei der Definition des WiPT-Standards intensiv berücksichtigt. Mit dem Wicklungsdesign der Referenzfeldplatte wurde gezeigt, dass bei den untersuchten Gegenständen keine offene Flammenbildung aufgetreten ist, sondern lediglich eine Verkohlung des Materials auftritt.

Einflüsse auf den menschlichen Körper

Magnetische Felder können Einflüsse auf den menschlichen Körper ausüben. Im Fall der kontaktlosen Energieübertragung entstehen aufgrund der kleinen Geometrie im vorgesehenen Frequenzbereich keine elektromagnetische Wellen, wie man diese von der Funkübertragung von Radios her kennt. Einflüsse können daher nur durch lokale magnetische Felder entstehen. Untersuchungen für die Unbedenklichkeit werden durch die "International Commission on Non-Ionizing Radiation Protection (ICNIRP)" zusammengefasst und in Form einer Richtlinie veröffentlicht. Für magnetische Felder sind zwei Einflussfaktoren relevant.
  • Im Bereich niedriger Frequenzen unter etwa 100 kHz ist der Effekt der Nervenstimulation relevant. 
  • Im Bereich höherer Frequenzen über etwa 1 MHz  ist der Effekt des Wärmeeintrags in das Gewebe relevant.
Bereits bei diesen relativ groben qualitativen Einschätzungen zeigt sich, dass die Wahl der Betriebsfrequnez von 140 kHz in einem Bereich liegt, bei dem die Nervenstimulation bereits stark abnimmt und der Effekt des Wärmeeintrags noch nicht bedeutsam ist. Selbstverständlich müssen die Effekte trotzdem einer genauen wissenschaftlichen Analyse unterworfen werden. Für diese Zwecke werden Simulationsmodelle eingesetzt, bei denen das menschliche Gewebe detailiert abgebildet ist und somit der Einfluss im Körperinneren analysiert werden kann. Der Einfluss auf das Nervensystem wir durch die Stromdichte im zentralen Nervensystem (ZNS) bewertet, sowie durch as in situ elektrische Feld im gesamten Körper. Der Effekt des Wärmeeintrags wir durch die spezifische Absorptionsrate (SAR) quantitativ bewertet.

Zur Durchführung der Körpermodellsimulation wird ein sinnvolles Untersuchungsszenario festgelegt. Im Fall der kontaktlosen Energieübertragung wurde für diese Untersuchung angenommen, dass ein Mensch sich neben das Fahrzeug legt und mit dem Arm unter das Fahrzeug zwischen die Feldplatten greift, um einen Gegenstand unter der Mitte des Fahrzeugs (und damit auch der Feldplatten) herverzuholen. Die folgende Abbildung zeigt zur Verdeutlichung die entsprechende Anordnung. Ebenso ein mit Hilfe der Körpermodellsimulation ermitteltes Ergenis. Dargestellt ist das auf den Maximalwert bezogene in situ elektrische Feld.

   

Die zur Grenzwertbetrachtung heranzuziehenden Resultate der Simulation sind in der folgenden Tabelle zusammengefasst.

Physikalische Größe Ergebnis Zulässig
Elektrische Stromdichte (ZNS) / J1cm2 0,15 A/m2 0,28 A/m2
In situ elektrisches Feld / E 6,97 V/m 18,9 V/m
SAR (Kopf, Rumpf) / SAR10g 0,00032 W/kg 2 W/kg
SAR (Arme, Beine) / SAR10g 0,006,3 W/kg 4 W/kg
SAR (Ganzkörper) / SARwb 0,000030 W/kg 0,08 W/kg

Zusammenfassend zeigen die Ergebnisse, dass alle (Basis-)Grenzwerte unterschritten werden. Ein Hineingreigen zwischen die Feldplatten während des Betriebes ist daher ohne Überschreitung der Grenzwerte möglich, die für die Allgemeinbevölkerung im öffentlichen Raum gelten. (Dieses Ergebnis gilt nur für entsprechend großflächig ausgelegte Feldplatten des Abnehmers und der Betriebsfrequenz von 140 kHz.)

Sicherheit aktiver medizinischer Implantate

Die Hersteller von aktiven medizinischen Implantaten wie z.B. Herzschrittmachern prüfen ihre Geräte gegenüber der Beeinflussung von äußeren magnetischen Fledern. In entsprechenden Produktnormen ist hierbei ein Prüfwert festgelegt bei welchem das Implantat in seiner Funktion keine funktionelle Einschränkungen zeigen darf. Die Produktnorm für Herzschrittmacher hat sich dabei an dem leicht messbaren Referenzgrenzwert der ICNIRP von 6,25 µT bei 140 kHz orientiert, und ist auf einen Wert von 15 µT festgelegt.
Entsprechende Flussdichtenmessungen zeigen, dass im Innenraum des Fahrzeuges und neben den Seitenschwellern dieser Wert unterschritten wird.

     

Mit einem Messwert von 3,75 µT an einer für einen Herzschrittmacher potentiellen Lage im Fall des unter das Fahrzeug greifens liegt das technische System unter dem Grenzwert der Produktnorm. Damit wird vom Hersteller des Herzschrittmachers eine störungsfreie Funktion sogar in diesem extremen Nutzerszenarium garantiert. Auch die Körpermodellsimulation hat den hier ermittelten Wert bestätigt.